In den Morgenstunden des 8. Dezembers wurde die Guntramstraße 44 besetzt. Wir wollen nicht länger zusehen, in welche Richtung unsere Stadt sich entwickelt – horrende Mieten, Gentrifizierung und Verdrängung. Als Auftakt der Kampagne „Die WG (Wohnraum Gestalten)“ sind wir in das unbewohnte Haus eingezogen, um dieses mit Leben zu füllen.
Die Guntramstrasse 44 ist ein typisches Beispiel für Wohnraumentwicklung in Freiburg. Der neue Eigentümer, der Züricher Arzt Bertram Feil und sein Schwiegervater Bernhardt Wütz drängten über das vergangene Jahr alle Mietparteien aus dem Haus – mit untragbaren Mieterhöhungen, dem Abstellen von Strom, sowie einer fragwürdigen Eigenbedarfskündigung. Laut Veil möchte die Züricher Familie in einen Teil der Wohnungen beziehen, der Rest soll den Schwiegereltern für den Fall eines Besuchs zur Verfügung stehen.
„Dieser Vorgang ist leider Alltag in Freiburg – Mieter*innen werden vertrieben, dann werden Häuser luxussaniert und für unerschwingliche Preise wieder vermietet oder gar verkauft. Während wenige damit Profite machen, verlieren wir unseren Wohn- und Lebensraum“ so eine der Besetzerinnen.
Gerade im Stühlinger werden beängstigend schnell Häuser aufgekauft und durch Luxussanierung rentabler gemacht. Das verändert ganze Strassenzüge und die soziale Zusammensetzung des Viertels – Familien mit Kindern finden keine Wohnungen mehr; Menschen mit geringerem Einkommen müssen an die Stadtränder ziehen. Ein buntes Viertel wird so zunehmend exklusiv.
Einer der Besetzenden äußert: „Wir besetzen, weil die Mietsituation in Freiburg untragbar ist. Unsere Viertel, Häuser und Wohnungen sind keine Spekulationsobjekte. Wohnen ist ein zentrales Bedürfnis aller und muss bezahlbar bleiben.“
In einer Stadt wie Freiburg, wo konstanter Wohnungsmangel herrscht, sind Investitionen in Immobilien eine gewinnbringende Kapitalanlage. Freiburg befindet sich aktuell auf Platz 5 der teuersten Städte in Deutschland. Das hat fatale Konsequenzen für die Menschen in dieser Stadt. Nicht nur bezahlbarer Wohnraum, sondern auch kulturelle Freiräume verschwinden zunehmend.
„Die zaghaften Versuche der Stadt dem Mietenwahnsinn entgegenzusteuern reichen bei weitem nicht aus. Deshalb nehmen wir das jetzt selbst in die Hand.“
Wir wollen uns die leeren Worte der regierenden Parteien nicht länger anhören, die Nutzung und Gestaltung der Stadt ist weder Aufgabe der Stadtbau, noch die eines unfähigen Baubürgermeisters, und schon gar nicht von Schweizer Ärzten, sondern all derer die in dieser Stadt wohnen, sie nutzen und auf ihre Art und Weise gestalten. Eine Stadt muss für alle bezahlbar sein, und Stadtentwicklung muss von unten kommen. Wir stellen uns entschlossen gegen die Gentrifizierung im Stühlinger und sonst wo, und für eine bunte und offene Stadt in der jede*r dort wohnen kann wo er oder sie es möchte und nicht nur dort wo es das Einkommen zulässt. Für ein Stadt in der alle leben können so wie sie es möchten, ganz egal ob in Wohnungen, Wagenburgen oder Baumhäusern.
Durch die Besetzung der Guntram 44 wollen wir Investoren und Verantwortlichen ein klares Zeichen setzen: das was ihr da macht, geht mal gar nicht! Denn Wohnraum muss wieder bezahlbar werden, Luxussanierungen sind genauso unverantwortlich wie Leerstand, und wenn die Stadt nicht handelt, dann machen wir das, dann werden wir Wohnraum gestalten.
Was wir brauchen sind selbstverwaltete Häuser und Wohnräume. Im Erdgeschoss der Guntram 44 entsteht ein nicht-kommerzielles Cafe, das zu Begegnung und Austausch einlädt. Die Besetzung soll einen offenen Raum schaffen, für Anwohner und Interessierte für Diskussionen und um Alternativen zu entwickeln.
Um 14 Uhr wird eine Pressekonferenz in der Guntramstraße 44 stattfinden.
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