Räumung der zweiten Besetzung der “POWA” (Fehrenbachallee 52) nach 19 Stunden
Am Montag, den 22.10.2019 wurde die “POWA”, die ehemalige Wache der Umwelt- und Gewerbepolizei mit massivem Polizeiaufgebot geräumt. Am Sonntag abend war das Gebäude in der Fehrenbachallee 52 im Rahmen der Squatting Days Freiburg erneut besetzt worden.
Bereits Ende Mai 2019 wurde die leerstehende Polizeiwache der Umwelt- und Gewerbepolizei im Rahmen einer Kampagne gegen die Verschärfung der Polizeigesetze in Baden-Württemberg besetzt. Das Land Baden-Württemberg, als Eigentümer des Geländes, ließ das Gebäude räumen ohne Gesprächsbereitschaft zu signalisieren.
Aktivist*innen besetzten im Rahmen der Squatting Days am Sonntag Abend erneut das Gebäude, um darauf aufmerksam zu machen, dass das Gebäude immer noch leer steht.
Nach einem offenen Plenum zum Auftakt der Squatting Days gelangten viele Unterstützer*innen dazu, um die Besetzung von außen zu unterstützen. Einige bleiben die ganze Nacht im Regen vor Ort.
Am Abend versammelten sich neben Unterstützer*innen auch Anwohner*innen vor dem Haus. Im Regen wurde gemütlich Musik gehört und eine Küfa (Küche für alle) brachte per Lastenvelo warmes Essen vorbei.
Die Polizei räumte erneut mit massivem Aufgebot. In einer Art Choreographie fuhren schlagartig ca. 16 Mannschaftswägen der Polizei, eine Drehleiter der Feuerwehr und drei Autos des SEK (Sondereinsatzkommando) vor. Zuvor waren mit einer Drohne Aufnahmen gemacht worden.
Von ehemals mindestens fünf Besetzer*innen befanden sich zum Zeitpunkt der Räumung zwei Menschen auf dem Dach. Die Räumung erfolgte durch eine SEK-Einheit. Mit Amtshilfe der Feuerwehr gelangten Polizist*innen des SEK über eine Drehleiter, sowie über eine Leiter vom hinteren Teil des Gebäudes auf das Dach. Die zwei Besetzer*innen wurde mit der Drehleiter heruntergeholt und in zivilen Fahrzeugen zur Polizeiwache Süd gebracht.
Zeitgleich verschaffte sich das SEK mit einem Rammbock Zutritt zum Gebäude.
Die noch wenige Stunden zuvor ebenfalls auf dem Dach befindlichen anderen drei Besetzer*innen, waren trotz Abriegelung des Gebäudes durch die Polizei unauffindbar.
Gleichzeitig sicherten ca. 100 Polizist*innen, sowie zahlreiche Beamt*innen in Zivil die Umgebung. Ungefähr 80 Unterstützer*innen waren zum Zeitpunkt der Räumung anwesend.
Die übertriebene Reaktion des Staatsapparates ohne die Möglichkeit eine Gespräches oder eines Kompromisses unterstreicht die bereits im Mai gezeigte Ignoranz des Eigentümers, des Landes Baden-Württembergs, gegenüber den Forderungen der Besetzer*innen.
Wie am Beispiel der Polizeiwache in der Fehrenbachallee 52 zu sehen, versagen nicht nur private Vermieter*innen und Eigentümer*innen bei der Frage nach Leerstand.
Das Land Baden-Württemberg, das gesetzliche Möglichkeiten schafft um mit Bußgeldern gegen sogenannte Zweckentfremdung von Wohnraum vorzugehen und eigentlich sozialen Wohnraum fördert will, versagt selbst bei der Nutzung seiner eigenen Gebäude.
Das besetzte Gebäude verfügt über ein großes Grundstück, mitten im Stühlinger. In den Gebäuden wäre nach Ansicht von Juliane Höcker, einer Unterstützerin vor Ort “Platz für Wohnen und Veranstaltungen. Das Gebäude samt Großküche bietet großes Potential als Veranstaltungsraum oder Stadtteilzentrum.”
Das Land scheint jedoch auf diesem Ohr taub zu sein. Die Notwendigkeit eines selbstverwalteten Stadtteilzentrums im Stühlinger als Ort der Begegnung und des Austausches zeigt sich an Besetzungen, wie der Besetzung der POWA im Mai oder bei der Besetzung der Klarastraße 17, die eine Woche lang das Cafe “Alles Klara?” beherbergte und zahlreiche Anwohner*innen anzog.
Gerade im angrenzenden Metzgergrün zeigt sich die Problematik des Wohnraums in Freiburg besonders stark und führt die Absurdität des Umgangs mit diesem Gebäude vor Augen. Dazu Juliane Höcker: “Es ist unverständlich warum das Land hier soviel Raum leer stehen lässt, wenn die Mieten hier immer teurer werden und manche Menschen gar keinen Platz zum Wohnen finden.“
Das Land Baden-Württemberg kommt seine Ansprüchen und Verpflichtungen offensichtlich nicht nach und verteidigt seine Fehler und sein Eigentum mit Gewalt, statt auf Bedürfnisse der Menschen einzugehen.
Diese polizeiliche Überreaktion unterstreicht die Absurdität der Spekulation und Profitmaximierung mit Wohnraum.
Ziele der Squatting Days ist es unter anderem, genau diese Absurdität in Frage zu stellen und autonome, selbstverwaltete Freiräume zu erstreiten.
„Ich bin gespannt, was für weitere Aktionen folgen“, so Juliane Höcker.
Zum Programm der Squatting Days gehören auch zahlreiche Vorträge und weitere Veranstaltungen, wie beispielsweise eine feministische Stadtralley am Montag Nachmittag.
Ziel der Squatting Days ist zudem Repression gemeinsam solidarisch zu tragen und auf viele Schultern zu verteilen, ganz nach dem Mott: „Wir lassen niemanden allein“.
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