Freiburger Stadtoberhäupter greifen hart gegen Besetzungen durch
Gestern Nachmittag besetzten Aktivist*innen der Kamapagne „Die WG“ (Wohnraum gestalten) das leerstehende Dreikönigshaus in der Schwarzwaldstraße 31.
Die Besetzung wurde zwei Stunden lang aufrecht erhalten, danach wurde das Haus von der Polizei geräumt.
Nachdem die Besetzung um 15:40 öffentlich gemacht wurde, begannen die Aktivist*innen die oberen Stockwerke durch Reparaturen und Aufräumarbeiten wieder bewohnbar zu machen.
Die Ladenfläche im Erdgeschoss wurde als Nachbarschafts-Café eingerichtet. Währenddessen gab es vor dem Haus ein Büffet mit Suppe, Salaten und Snacks. An einem weiteren Tisch gab es Updates und Informationen zur Aktion.
Auf der Grünfläche am Haus sammelten sich an diesem Spätnachmittag etwa 70 solidarische Menschen, die bei einem Lagerfeuer Musik machten. Die Feuertonne entwickelte sich zu einem Treffpunkt an demsich auch Menschen wärmten, die eigentlich auf die Straßenbahn warteten und sich spontan für die Besetzung interessierten.
Aktivist*innen verteilten Flyer, um auf die die Besetzung aufmerksam zu machen und Passant*innen zu informieren. Andere gaben den Pressevertreter*innen vor Ort Interviews zu den Wohraumproblematiken in Freiburg. Gerade mal eine Stunde nach der Öffnung des Hauses, stellte die Stadt laut Aussagen der Polizei einen Strafantrag, ohne jemals das Gespräch mit der WG gesucht zu haben.
Die bis dato schwach vertretene Polizei reagierte daraufhin mit Videoaufnahmen der Hauseingänge. Kurze Zeit später trafen weitere Einsatzkräfte ein, und positionierten sich in der Nähe des Hauses.Gegen 17:30 Uhr umstellten etwa 40 mit Schild und Helm ausgerüstete Beamt*innen das Gebäude und drangen unter Protest direkt in das Café ein. Nach einer Viertelstunde verschafften sie sich Zugang zu den oberen Stockwerken und entfernten die Transparente an der Fassade. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich keine Personen im Haus. Während der gesamten Räumung gab es lautstarke Sprechchöre und Protestlieder.
Um 18:30 Uhr traf die Freiburger Feuerwehr ein, um die Hauseingänge mit Brettern zu verschrauben. Eine halbe Stunde später zogen sowohl Polizei als auch Feuerwehr ab.
Während der Räumung gab es eine Festnahme vor dem Haus. Außerdem sprach die Polizei zwei Personen, die sich in einiger Entfernung zum Haus befanden, Platzverweise aus.
Das Dreikönigshaus ist ein Symbol verfehlter Wohnungspolitik: Neben dem Essenstreff steht ein städtisches Gebäude leer. Während hunderte Menschen auf der Strasse leben und auch viele andere unter den viel zu hohen Mieten leiden, lässt die Freiburger Stadt ein riesiges, denkmalgeschütztes Haus in bester Lage verrotten. Stadt und Regierungspräsidium spekulieren darauf das Haus für den ab 2025 geplanten Bau des Großbauprojekts „Stadttunnel“ einzureißen, offensichtlich hält die Stadt es nicht für nötig sich Gedanken über eine sinnvolle Zwischennutzung zu machen. Der Stadttunnel ist die konsequente Fortführung der Schwarzwaldautobahn B31-Neu, gegen die es in den 90er Jahren vermehrt Proteste gab. Wie die alten Gasthäuser in Günterstal und Zähringen wird nun auch hier Architekturgeschichte vernichtet und günstiger Wohnraum unmöglich gemacht.
Trotz der lebhaften Diskussion und positiver Haltung vieler Stadträt*innen gegenüber Hausbesetzungen fand die Räumung eines städtischen Gebäudes nach gerade einmal zwei Stunden und ohne jegliche Verhandlungen statt. Horn und Breiter gaben im Alleingang den Befehl zur direkten Räumung und legten durch ihre Kompromisslosigkeit ein absolut undemokratisches Verhalten an den Tag, was auf großesUnverständnis vieler Stadträt*innen stieß.
In einer Stadt wie Freiburg, in der akute Wohnungsnot herrscht, ist solch ein arrogantes Vorgehen nur Hohn gegenüber denjenigen, die sich die viel zu teuren Mieten nicht leisten können.
Auch die Begründung der Räumung ist vorgeschoben: Angeblich sei der Vogelkot im Haus gesundheitsschädlich, weshalb die Besetzer*innen zu ihrem eigenen Schutz geräumt werden müssten. Jedoch wurden die Polizeibeamt*innen nicht über dieses Risiko informiert und ihnen so die Möglichkeit genommen, die eigene Gesundheit zu schützen. Auch heute entfernten Streifenpolizisten ohne jegliche Schutzmaßnahmen Transparente, die überraschend aus dem gestern so schnell geräumten Haus hingen.
Die Räumung der Schwarzwaldstraße 31 zeugt von einem autoritären Klima, in welchem der neue Oberbürgermeister wie sein Vorgänger Dieter Salomon seine politische Linie mit staatlicher Gewaltdurchsetzt, statt auf Verhandlungen zu setzen und eigene rechtliche Spielräume zu nutzen. Es gab mehrere Platzverweise und eine Ingewahrsamnahme am Rande der Räumung – Die Person konnte nach knapp zwei Stunden von einer Gruppe solidarischer Menschen in Empfang genommen werden. Es ist nicht nachvollziehbar: Während Martin Horn auf politische Erfolge durch das Leerstandskataster hofft, wird die Nutzung leerstehender Objekte verhindert.
Wir wehren uns gegen eine autoritäre Tendenz, die von Sicherheitspartnerschaft über Polizeigesetzesnovellen hin zur alltäglichen Verpolizeilichung der kommunalen Politik eine Stadt der Unfreiheit errichtet.
Trotz der kurzen Dauer der Besetzung halten wir den Tag für einen Erfolg. Es ist uns gelungen auf den Verfall städtischer Gebäude hinzuweisen, die Wohnraumthematik wieder in den öffentlichen Diskurs zu bringen und die unsoziale Politik Martin Horns zu demaskieren. Die Freiburger Stadtverwaltung hat gestern mal wieder gezeigt wo sie steht. Das haben wir auch. Und wir werden es wieder tun.
Wir haben gerade erst begonnen!
Das Weihrauchhaus bewohnbar machen!
Die WG (Wohnraum gestalten)